Moritz Zeitung – Oktober 2016

Spitze statt Picke – Ballett ist ein Hobby, das einem alles abverlangen kann, aber auch gibt.

Wenn jemand vom Ballett spricht, erscheinen sofort diese Bilder im Kopf. Von Bühnen in St. Petersburg oder New York, von grazilen Tänzerinnen und verträumten Kostümen. Münster gehört eher nicht zu den Schlagwörtern, die einem in den Sinn kommen. Zu unrecht. Das zeigen unter andrem die Tänzerinnen der Ballettschule Heidi Sievert.

Die Sommerferien sind schon ein paar Wochen her, doch bei Ina, Emilie, Gesche, Insa, Stella und Johanna noch immer in bester Erinnerung. Die sechs jungen Damen waren in der letzten Ferienwoche nämlich Teilnehmerinnen der Sommerakademie am Theater in Dortmund. Sechs Tage konnten sie dort mit Tänzern aus der ganzen Welt trainieren und sich messen. „Neben dem klassischen Ballett waren auch Moderndance und Hip Hop sowie Spitze teil des Programms“, erklärt Petra Wiegert. Gemeinsam mit Svenja Gasche leitet sie die Tanzschule und auch den Fortgeschrittenenkurs. „Theoretisch kann jeder zu der Sommerakademie. Aber das dort ist schon recht hoch“,ergänzt Gasche und erhält zustimmendes Nicken von den sechs Tänzerinnen.

„Es war eine spannende Woche. Alleine schon das die Lehrer nur englisch gesprochen haben“, erinnert sich Ina gerne an die Zeit zurück. Die junge Frau gehört mit Emilie bereits zu den älteren und steht kurz vor dem Abi, aber ihre Tanzerfahrung ist noch relativ jung. Sie ist erst vor rund vier Jahren mit Ballett angefangen, dabei wäre vier eher das Alter, in dem die meisten mit dem Tanzen anfangen. So wie Gesche und Stella. Für sie war die Sommerakademie noch in einer anderen Hinsicht etwas ganz besonderes. „Wir hatten eine Einladung an das Gymnasium Essen-Werden bekommen“, berichten sie stolz. „Das Gymnasium ist das einzige in Deutschland, das eine allgemein höhere Schulbildung und eine professionelle Ausbildung im klassischen und zeitgenössischen Tanz zusammenführt“, ergänzt Wiegert. „Nur drei Tänzer der Junior-Sommerakademie hatten diese Empfehlung bekommen. Das freut uns natürlich ganz besonders das zwei von uns waren.“

Auch wenn die beiden Ballerina das Angebot ausgeschlagen haben, mit dem Tanzen wollen sie wie ihre Mitstreiterinnen noch lange nicht aufhören. „Wenn ich mal länger nicht zum Training kommen kann, vermisse ich direkt etwas. Nicht nur das körperliche Auspowern. Auch mein Kopf kommt hier zur Ruhe – und das obwohl man sich ziemlich konzentrieren muss“, erzählt Johan- na. Auch Emilie vermisst etwas, wenn sie es einmal nicht in die Tanzschule schafft. Ganz im Gegensatz zu ihren anderen Aktivitäten, die immer mehr in den Hintergrund geraten sind. „Anders als bei anderen Hobbys muss jeder beim Ballett irgendwann entscheiden, wo will ich hin“, erklärt Gasche. „Für ein Hobby, das nur so mal eben nebenherläuft, werden die Bewegungen irgendwann zu komplex und zu anspruchsvoll.“

Kann beim Bolzen jeder mit der Picke ein Tor machen, so kann beim Ballett längst nicht jeder auf der Spitze stehen, geschweige denn tanzen. Aber genau das ist es, was dieses Hobby zu einem besonderen macht. Die Mischung aus Kraft und Eleganz, gepaart mit Rhythmus, Musik und Spaß – etwas, dass auch Jungs beim Ballett erleben können, wenn sie denn wollen. (sr)